25.06.2014, Kaya Leimann

Junge Aktivisten aus Ottersberg rocken die Ratssitzung / Wunsch nach Treffpunkt / Alte Scheune nicht winterfest

Gesucht: zentrale und warme Bleibe

Kaya Leimann 25.06.2014

Es war eine außergewöhnliche Ratssitzung am Montagabend in Ottersberg, das steht fest. Selten bedienen sich Gäste beim Vortragen ihres Anliegens eines Gettoblaster, bereiten eine Fotostrecke vor und erhalten Applaus aus den gefüllten Zuschauerreihen. Aber sie haben Eindruck hinterlassen, die Aktivisten um das Projekt „Selbstverwaltetes Zentrum Ottersberg“. Dahinter steckt eine Gruppe junger Menschen, die sich für Ottersberg ein Kulturzentrum wünscht. Die Erweiterung der Hochschule war ebenfalls Thema.

 

 

 

 

 

Studenten und Schüler steckten viel Arbeit in ihren neuen, eigenen Treffpunkt. (FR)

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Die versammelten Politiker staunten nicht schlecht, als Lionel Tomm (25) und Franca Gauss (17) zu ihrem Vortrag im Ottersberger Ortsrat ansetzten. Strukturiert und nachvollziehbar offenbarten sie den Anwesenden, was unbemerkt in den vergangenen Monaten in Ottersberg entstanden ist und welche Erwartungen sie jetzt für die Zukunft hegen. In den Wümmewiesen haben sich Studenten, Schüler und Auszubildende ihren eigenen Treffpunkt geschaffen. Sie bauten einen alten Melkstall um, machen dort gemeinsam Musik, studieren Akrobatik ein und organisieren Partys. Es gibt nur ein Problem: Der Raum ist alles andere als isoliert.

„Wichtig ist, dass wir nicht nur eine Gruppe aus Studenten der Hochschule für Künste sind, sondern auch andere junge Menschen aus Ottersberg beteiligt sind“, sagte Lionel Tomm, der selbst Theaterpä-dagogik in Ottersberg studiert. „Der Stall, den wir uns hergerichtet haben, ist für alle offen und wird von einem Plenum aus 20 Leuten organisiert.“ Das Bedürfnis nach einem Raum bestehe schon lange. Es gebe keine Kneipe, regelmäßige Veranstaltungen oder einen angemessenen Treffpunkt. Viele würden sich Zuhause in ihren Wohngemeinschaften treffen oder jeden Tag nach Bremen pendeln.

Im Februar dieses Jahres ergab sich dann die Möglichkeit, den Stall nach eigenen Vorstellungen einzurichten. Unterlegt mit zunächst trauriger Musik und tristen Bildern einer verfallenen Hütte, verdeutlichte die Gruppe den Politikern, wie viel Arbeit in dem Projekt steckt. „Unser Vorhaben wurde größer, immer mehr Menschen interessierten sich dafür. Uns wurden Fenster, Türen und auch Essen gespendet. Selbst Spaziergänger in den Wümmewiesen stecken uns Scheine für unser Projekt zu“, erzählte Tomm. An etwa 20 Bautagen in einem Kreis von 30 Menschen errichteten sie sich eine Terrasse, ein Gemüse- und Blumenbeet vor der Hütte, verlegten Boden und dichteten das Dach ab. „Zu unserer Eröffnung sind etwa 100 Menschen erschienen, und es wurde plötzlich sehr voll in dem kleinen Stall“, sagte Tomm und Franca Gauss ergänzte: „Wir finden, es trifft absolut den Zahn der Zeit und stößt auf viel Interesse im Ort.“

Wenn es jedoch auf Herbst und Winter zugeht, dann hat die Gruppe – die sich „Selbstverwaltetes Zentrum Ottersberg“ nennt – ein Problem: „Der Stall ist nicht isoliert oder wettertauglich. Wir suchen also einen Raum für den Winter – und dafür brauchen wir Ihre Unterstützung“, wandte sich Tomm an die anwesenden Politiker. Sie suchen einen Raum in dem es auch Strom und Wasser gibt, den sie aber unabhängig nutzen können. „Wir würden uns eine mietfreie, vom Bahnhof zentral gelegene Örtlichkeit wünschen, die wir mit unseren Mitteln unterhalten können. Wir bitten darum, dass alle bei der Suche helfen“, sagte Tomm.

Hannah Schwarz-Kaschke (CDU) war von so viel Enthusiasmus zunächst sprachlos. „Ich möchte mir das erst mal alles durch den Kopf gehen lassen, aber ich würde mir wünschen, dass ihr uns eine Handynummer da lasst und wir auf jeden Fall in Kontakt bleiben“, signalisierte sie ihren Zuspruch. Matthias Flau-Kolm (Grüne) könnte sich auch eine Örtlichkeit zur Zwischennutzung vorstellen, um das Problem auf die Schnelle zu lösen. Im Anschluss forderte Tomm erneut einen konkreten Ansprechpartner. „Da musst du uns Zeit geben, in der wir uns besprechen können. Wir wollen keine Versprechen geben, die wir nicht halten können“, antwortete Ortsbürgermeister Klaus Rebentisch (CDU). In diesem Sinne riefen sie auch die Bürger auf, sich nach einem entsprechenden Raum umzuhören.

 

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